Ausgabe Dezember 1991

J´accuse

Wider die Selbstgerechtigkeit der besseren Welt. Mit einer Einführung von Inge Jens

Die 15 eng beschriebene Maschinenseiten umfassende Endfassung des folgenden, von Thomas Mann ursprünglich für den New Yorker „Aufbau" vorgesehenen Artikels entstand in den letzten Tagen des Januar 1950. Der Plan einer Schrift im Stil des Zolaschen „J'accuse" hatte, wie die Eintragungen des Tagebuchs zeigen, den Autor lange beschäftigt. Geängstigt durch die politische Entwicklung im nach-Rooseveltschen Amerika, angeekelt von dem sich im Schutz eines hybriden Nationalismus ausbreitenden Fremdenhaß, empört über den blinden Antikommunismus, wie er sich in der Hetzjagd des „Committee on Unamerican Activities" auf alle „Liberais", in Monster-Prozessen und dem Außerkraftsetzen der Civil Rights äußerte, suchte er zunehmend nach Gelegenheiten, wie 1930 seine deutschen, so 1950 seine amerikanischen Landsleute auf eine Entwicklung aufmerksam zu machen, die in seinen Augen unweigerlich auf einen neuen, diesmal die Menschheit endgültig auslöschenden Krieg hinsteuerte. Kein Wunder, so betrachtet, daß Thomas Manns politische Pamphlete und Reden aus den späten 40er und beginnenden 50er Jahren nicht weniger entschieden sind als die Warnungen vor dem heraufziehenden Faschismus um das Jahr 1930 oder die Schriften gegen die europäische Appeasement-Politik vor Ausbruch des Krieges 1939.

Dezember 1991

Sie haben etwa 37% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 63% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo