Die Demontage des kanadischen Parteiensystems
Eine Schulklasse lauscht gefesselt ihrem Lehrer. Sein Thema ist die Geschichte des Balkans. In den Mienen der Schüler spiegeln sich Angst und Entsetzen. Nur ein Schüler ist hochvergnügt und reibt sich fröhlich die Hände. Dieser Knabe trägt eindeutig die Züge von Lucien Bouchard, dem Spitzenkandidaten des separatistischen "Bloc Quebecois", der am 25. Oktober 1993 zur zweitstärksten Fraktion im kanadischen Parlament geworden war.
Aber nicht nur in dieser Karikatur der Tageszeitung "Globe and Mail" kam die Furcht vor einer Balkanisierung Kanadas zum Ausdruck. Überdies wird die Angst vor einem Zerfall Kanadas nicht nur durch das gute Abschneiden des frankophonen "Bloc Quebecois" genährt. Ein anderes Beispiel aus der Welt der Karikatur: Die satirische Zeitung "Frank" stattete auf ihrer Titelseite Preston Manning, den Chef der (vornehmlich westkanadischen) Reformpartei, mit Hitler-Bärtchen und -Tolle aus, ergänzt um die Schlagzeilen "Alberta über Alles" und "Herr Manning Comes To Ottawa". Auch dies ist gewiß satirische Überspitzung.
Aber immerhin verglich selbst der weniger satirische Berliner "Tagesspiegel" die rechtspopulistische Reformpartei mit den deutschen "Republikanern" und den "Bloc Quebecois" mit "einer ostdeutschen Partei mit dem Programm der erneuten Teilung Deutschlands".