Wer regiert Europa? Die kontinentale Perspektive überfordert eine Kerngruppe
Die Überlegungen von Wolfgang Schäuble und Karl Lamers*) haben eine überfällige Debatte losgetreten, die den Nerv deutscher Europapolitik für die kommenden Jahre trifft: Die Strategien der Vertiefung der Union einerseits und ihrer Erweiterung andererseits kollidieren und drohen, den Integrationsprozeß zu lähmen. Die Erkenntnis an sich ist nicht neu - in der britischen Europadebatte wurde sie als Menetekel gewertet, das zur Verflachung der Europäischen Union mahnt: zu einer Freihandelszone in De-luxe-Ausführung. In Frankreich ist der Konflikt zwischen Erweiterung und Vertiefung bislang stets zugunsten einer Vertiefung entschieden worden. Beide Haltungen scheiden für die deutsche Europapolitik aus, geht es doch darum, Vertiefung und Erweiterung als zwei Ziele zu verfolgen, die für die außenpolitische Interessenlage Deutschlands gleichermaßen bedeutsam sind. Eine politisch formulierte Strategie für dieses Sowohl-als-auch fehlte bislang. Das Papier aus der CDU-Fraktion ist der erste Versuch, die zarten Fäden der wissenschaftlichen Debatte wie der Expertendiskussion zu einer Reformstrategie für die 96er Revisionskonferenz zu verknüpfen.