1.-2.6. - B a l k a n. Auf dem Petersberg bei Bonn setzen der amerikanische Vizeaußenminister Talbott, der russische Jugoslawien-Beauftragte Tschernomyrdin und der finnische Präsident Ahtisaari ihre Vermittlungsbemühungen zur Beilegung der Kosovo-Krise in vielstündigen Gesprächen fort (vgl. "Blätter", 7/1999, S. 772). Ahtisaari, der mit einem Mandat der Europäischen Union verhandelt, und Tschernomyrdin treten am 2.6. getrennt ihre mehrfach verschobene Reise nach Belgrad an, um dem jugoslawischen Präsidenten Milosevic einen modifizierten Friedensplan vorzulegen und zu erläutern. Die Führung Jugoslawiens und das Parlament Serbiens stimmen am 3.6. einer internationalen Präsenz im Kosovo zu bei gleichzeitigem Abzug des serbischen Militärs. Die Friedenstruppe soll aus Kontingenten der NATO und Rußlands bestehen, ein einheitliches Kommando haben und mit einem Mandat der Vereinten Nationen ausgestattet sein. Ahtisaari trifft am 3.6. in Köln erneut mit Talbott zusammen und unterrichtet den dort tagenden Europäischen Rat der Regierungschefs der Europäischen Union.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.