Ausgabe August 2000

Neues vom neuen Menschen

"Heute lernen wir die Sprache, in der Gott Leben schuf", sagte Bill Clinton während der Pressekonferenz im Weißen Haus am 26. Juni, bei der die Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes durch Craig Venter (Celera Genomics) und Francis Collins (Human Genome Project) vorgestellt wurde. So großartig der Satz klingt, so unrichtig ist seine Aussage. Die Buchstaben, besser die Hieroglyphen des "Buch des Lebens", das achthundert mal größer als die Bibel ist, sind zwar erfasst. Um aber die Sprache und Syntax vollständig zu verstehen, bedarf es noch eines Steins von Rosette - und der lässt sich nicht irgendwo am Wegrand der Genomforschung finden und von einem modernen Jean François Champollion enträtseln. Weltweit werden Teams von Forschern diese Aufgabe lösen müssen, die noch viel Zeit und Geld erfordert. Das Zeitalter der "Postgenomics" ist eben erst angebrochen, die Büchse der Pandora noch verschlossen. Dennoch, die - wissenschaftlich gesehen fraglos epochale - Tat wird nahezu unisono gerühmt: ein einzigartiges Geschenk für die Menschheit, eine Erfindung bedeutender als die des Rades oder des Feuers, gewaltiger als das Apolloprojekt, ein Meilenstein in der Menschheitsgeschichte.

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Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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Am Morgen des 24. März hängten unbekannte Aktivisten eine Schaufensterpuppe, die die antike römische Göttin Minerva darstellt, am Denkmal des Grafen Uwarow in der Nähe des Hauptgebäudes der Staatlichen Universität St. Petersburg auf. In der Hand der antiken Schutzherrin der Wissenschaften befand sich ein Zettel mit der Aufschrift „Die Wissenschaft ist tot“.

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Wer mit Ingeborg Maus sprechen wollte, wurde von ihr meist auf den Abend verwiesen: Bevorzugt nach 20 Uhr ließ sich die Professorin für „Politologie mit dem Schwerpunkt politische Theorie und Ideengeschichte“ an der Frankfurter Goethe-Universität anrufen und klärte dann geduldig und stets zugewandt organisatorische und akademische Fragen, oftmals bis weit in die Nacht. Natürlich musste man erst einmal durchkommen, denn es waren viele, die etwas mit ihr besprechen wollten.