Italien vor der Wahl
Italien wählt am 13. Mai nicht einfach die eine oder die andere Regierungskoalition für die nächste Legislaturperiode, sondern entscheidet sich für oder gegen presidente Berlusconi. Auf diese "Schicksalsfrage" zielt dessen seit langem praktizierte Propagandastrategie, die prophezeit, jetzt komme der Tag der Abrechnung mit dem "Regime" der Linken, die Italien, nach seinen Worten, zugrunde gerichtet hat. Wie konnte es zu einem solchen Wiederaufstieg des politisch bereits einmal gescheiterten Forza Italia-Führers kommen? Das ist eine durchaus heikle Frage. Die Antwort kann nur mit dem unvermeidlichen Hinweis auf die spezifischen Verhältnisse Italiens beginnen, die in den 90er Jahren einen erstaunlich hohen Verflechtungsgrad der politischen und wirtschaftlichen Sphäre mit kriminellen Machenschaften offenbarten.
Diese - nicht nur in Italien feststellbare - Verflechtung hat hier zwar zu einem Zusammenbruch des traditionellen Parteiensystems geführt, aber weder zu einer nachhaltigen Delegitimierung der beklagten Praxis, noch zu einer radikalen politischen Erneuerung durch eine linke Opposition. Letztere übte sich seit dem Zusammenbruch des Realsozialismus vor allem in Selbstkasteiung und beging mit der Auflösung ihrer stärksten Partei, der PCI, politischen Selbstmord.