Mangelnde Sensibilität, politische Instinktlosigkeit, Versagen als Redner – Ministerialdirektor Hermann Schäfers Auslassungen zur Eröffnung des Konzerts „Gedächtnis Buchenwald“ sind vielfältig interpretiert worden. Doch blieben diese Interpretationen in der Regel personenbezogen – bezogen auf einen Mann, dem immerhin als verantwortlichem Leiter der Ausstellung „Flucht, Vertreibung, Integration“ Lob ausgesprochen worden war, dessen Arbeit überdies als gesellschaftlich konsensfähig galt. Vielleicht wurde gerade deshalb die Frage in den Mittelpunkt gerückt, ob er einem falschen Rollenverständnis erlegen sei: politische Instinktlosigkeit eben. Doch wofür bedarf es bei dieser Thematik nach etlichen Jahren florierender Erinnerungskultur bei Profis dieses Genres eines besonderen „politischen Instinkts“? Welche Pfadfinder sollen hier welche Pfade finden?
Um derlei Fragen hinsichtlich eines möglichen erinnerungspolitischen Backlashs erst gar nicht diskutieren zu müssen, verlegte sich die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gleich auf eine Argumentation, die den erinnerungskulturellen Kontext denunzierte. Der Tenor: Bei dem Gedenkkonzert zu Ehren der Buchenwald-Häftlinge handle es sich um ein untaugliches Ritual, mit dem sich die an diesem Ort manifeste Kluft zwischen Kultur und Barbarei nicht schließen lasse. Der Neuerer Schäfer habe deshalb notwendig scheitern müssen. Altmeister Walser lässt grüßen.