
Bild: Blätter Verlag
In der Februar-Ausgabe beschrieb »Blätter«-Redakteur Albrecht von Lucke die Auflösung der klassischen Koalition als ein Krisensymptom unserer Demokratie. Der Politikwissenschaftler und Publizist Egbert Scheunemann plädiert dagegen dafür, diese Entwicklung als Chance zu begreifen.
Welche demokratiefeindlichen Auswirkungen Koalitions-, Parteien- und Fraktionszwänge haben können, hat sich jüngst bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten im Thüringer Landtag gezeigt: Um die bürgerlichen Parteien und die Parteiendemokratie insgesamt vorzuführen und ihre eigene Macht zu demonstrieren, stimmte die AfD-Fraktion geschlossen für den FDP-Kandidaten, dessen Partei bei der Landtagswahl im vergangenen Oktober gerade mal fünf Prozent der Stimmen erzielt hatte. Ihr eigener Kandidat bekam hingegen keine einzige Stimme. Der Rest der Geschichte ist bekannt – ein Fiasko sondergleichen für die parlamentarische Demokratie und auch für die in ihrem Lagerdenken, ihren Koalitions- und Fraktionszwängen be- und gefangenen Parteien.
Denn formaldemokratisch wurde der FDP-Kandidat ja durchaus korrekt zum Ministerpräsidenten Thüringens gewählt. Formaldemokratisch kam aber 1933 auch das Ermächtigungsgesetz zustande.