
Bild: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bei einer russisch-ukrainischen Gesprächsrunde in Istanbul, 29.3.2022 (IMAGO / ITAR-TASS)
Um eine neue Straße zu bauen, würde er sogar eine Moschee abreißen, sagte Recep Tayyip Erdoğan einmal. Der Spruch steht für die Bereitschaft des türkischen Präsidenten, alles einem bestimmten Ziel unterzuordnen. Ein Jahr vor den nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei schneidet Erdoğan alle Pläne auf das Ziel des nächsten Wahlsieges zu, auch die Außenpolitik. Europa könnte das in den kommenden Monaten massiv zu spüren bekommen, wie bereits Erdoğans Protest gegen die Nato-Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens gezeigt hat. Der 68jährige Staatschef und Vorsitzende der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) steht nämlich bei der Wahl, die spätestens im Juni 2023 stattfinden muss, vor einer der schwierigsten Aufgaben seiner Karriere, denn die AKP hat zuletzt viel von ihrer einstigen Anziehungskraft verloren. 2018 konnte Erdoğan die Präsidentschaftswahl mit knapp 53 Prozent noch für sich entscheiden, während das Bündnis aus AKP und der rechtsgerichteten Partei der Nationalen Bewegung (MHP) bei der gleichzeitigen Parlamentswahl fast 54 Prozent der Stimmen holte. Doch schon ein Jahr später ging für Erdoğan die Kommunalwahl verloren: Die AKP musste die Macht in Istanbul und der Hauptstadt Ankara an die Opposition abgeben.
Seitdem haben sich die Probleme für Erdoğan vervielfacht.