
Bild: Ein Teil der Friedensmauer (Peace Walls) in Belfast, 12.7.2019 (IMAGO / Hans Lucas)
Meldungen über Bombenanschläge und Straßengewalt in Nordirland sind 25 Jahre nach Abschluss des bemerkenswerten Verhandlungsfriedens im Karfreitagsabkommen (Good Friday Belfast Agreement) selten geworden. Lieber begegnet man mit Neugierde den klugen kulturellen Botschaften von der Insel am westlichen Rand Europas: Da ist der vielfach prämierte Film Belfast aus dem Jahr 2021, in dem Royal-Academy-Regisseur Kenneth Brannagh eine überraschende protestantische Kinderperspektive auf den nordirischen Bürgerkrieg gelingt, die Troubles der späten 1960er Jahre. Oder die gegenwärtig durch unsere Kinos laufende Parabel der Banshees of Inisherin, die vor einer entrückten historischen Kulisse (jener des irischen Bürgerkrieges 1923) meisterhaft und voller Rätsel von Sinn und Unsinn zwischenmenschlicher Fehden erzählt.
Die Filme reflektieren und überblenden zugleich eine an Dramen nach wie vor reiche Wirklichkeit: Eine dissidente republikanische Gruppierung namens „Neue IRA“ nutzte den 25. Jahrestag des Abkommens am 10. April dieses Jahres, um Jugendliche in Derry mit Brandsätzen gegen Polizeiwagen zu mobilisieren. Vor zwei Jahren waren es loyalistische Gangs der UDA und UVF gewesen, die den Frust ihrer jugendlichen Anhänger gegen katholische Wohnviertel richteten.