
Bild: Recep Tayyip Erdoğan nach seiner Wiederwahl in Ankara, 28.5.2023 (IMAGO / UPI Photo)
In der Nacht seines Sieges nahmen die Autokorsos kein Ende. Bis drei Uhr morgens dröhnten immer wieder Fahrzeuge mit fahnenschwenkenden jungen Männern und lauter Musik durch das Viertel. Das war nicht nur die Freude über einen Wahlsieg, sondern eine Kampfansage an die Verlierer. Gezielt suchten sich die Erdoğan-Anhänger in Istanbul solche Viertel aus, die gegen den alten und neuen Präsidenten gestimmt hatten. Entlang des Bosporus und auf der Bağdat Caddesi, der Hauptstraße durch die CHP-Hochburg Kadıköy auf der asiatischen Seite der Stadt, paradierten die Erdoğan-Ultras. Und es blieb nicht bei den Autokorsos. Schüsse hallten durch die Nacht, wenn auch nur in die Luft. Doch die Botschaft war klar: Wir haben die Macht und die Waffen.
Die Aktionen der Erdoğan-Ultras bieten einen Vorgeschmack auf die kommenden Jahre. Schon die Siegesrede ihres „Reis“ (ihres Führers) hatte jene Aggressivität ausgedrückt, die dann von seinen Anhängern gespiegelt wurde. Seine berühmt-berüchtigte Balkonrede in der Nacht des Sieges hielt Recep Tayyip Erdoğan dieses Mal nicht mehr wie sonst vom Balkon seiner Parteizentrale in Ankara, sondern er sprach vor dem Präsidentenpalast auf einem Hügel vor der Hauptstadt.