Ausgabe April 2015

Wie wird der Kapitalismus enden? Teil II

Könnte es tatsächlich sein, dass der siegreiche Kapitalismus sich selbst zum schlimmsten Feind geworden ist?

Um dieser Möglichkeit nachzugehen, können wir uns an Karl Polanyis „Great Transformation“ halten, derzufolge der Marktexpansion gesellschaftliche Grenzen gesetzt sind, wie er sie in seinem Konzept der drei „fiktiven Waren“ – Arbeitskraft, Boden (oder Natur) und Geld – formuliert hat.[1] Als fiktive Ware definiert Polanyi eine Ressource, die ihrem Wesen nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage, wenn überhaupt, nur partiell unterliegen kann, vor allem weil sie sich nicht in Einklang mit der Nachfrage nach ihr produzieren oder nicht produzieren lässt. Als Ware kann sie deshalb nur auf sorgfältig begrenzte, geregelte Weise behandelt werden, weil ihre vollständige Kommodifizierung sie zerstört oder unbrauchbar macht.

Märkten wohnt nun allerdings das Bestreben inne, sich über ihre ursprüngliche Domäne, den Handel materieller Güter, hinaus auf alle anderen Lebensbereiche auszudehnen, ganz unabhängig davon, ob diese zur Kommodifizierung – oder, mit Marx gesprochen, zur Subsumption unter die Logik der Kapitalakkumulation – überhaupt taugen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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