Ausgabe November 2019

Österreich: Der kurze Abschied von der FPÖ?

Als die ersten Hochrechnungen über den Bildschirm flimmerten, gab es kein Halten mehr: Frenetisch bejubelte eine junge Anhängerschar ihren „Helden“. Mit 37,5 Prozent hat Sebastian Kurz die Nationalratswahl am 29. September mit dem bisher größten Abstand gewonnen und so viele Stimmen wie die zweit- und drittplatzierte SPÖ und FPÖ zusammen erzielt.

Ihm ist somit dasselbe Kunststück gelungen wie seinem Amtsvorgänger Wolfgang Schüssel, der 2000 bis 2007 mit Jörg Haiders FPÖ (bzw. später BZÖ) regiert hat: Wie Schüssel 2002 nutzte Kurz einen Skandal,[1] um aus der Koalition mit der FPÖ abzuspringen und für seine ÖVP einen Erdrutschsieg einzufahren.[2] Dieses Kunststück gelang Kurz trotz eines Wahlkampfs, in dem das Finanzgebaren der Volkspartei auch sein Saubermannimage in Frage stellte. So wurde über den Sommer bekannt, dass die ÖVP statt der erlaubten sieben vorneweg 13 Mio. Euro für ihren letzten Wahlkampf veranschlagte. Zudem gingen Aufsichtsratsposten in staatsnahen Unternehmen an Spender oder deren Familienmitglieder.[3]

Doch die Wähler ließen sich davon nicht beirren, die Erzählung der ÖVP verfing: Kurz wurde angeblich von missgünstigen und übelwollenden Gegnern sabotiert und müsse wieder Kanzler werden.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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