Ausgabe Dezember 1990

Der Runde Tisch der Frauen

Die Diskussionen um die Problematik der Schwangerschaftsabbrüche reißen nicht ab; es wechseln lediglich die thematischen Schwerpunkte. Die aktuelle Kontroverse übertrifft aber den bisherigen Schlagabtausch zum Paragr. 218 bei weitem, seitdem es nämlich um konkrete Schritte geht, die Schwangerschaftsabbruchsregelungen für Gesamtdeutschland neu zu fassen. Dies ist wahrlich keine leicht zu lösende Aufgabe, denn wir stehen politisch vor der Situation, daß die den bundesrepublikanischen Frauen durch den Spruch des Bundesverfassungsgerichts 1975 verwehrte Fristenregelung pikanterweise in der DDR seit nahezu 20 Jahren geltendes Recht ist. Hierauf wollen weder die DDR-Bürgerinnen verzichten noch die sie vertretenden Parteien, wenn man entsprechende Verlautbarungen aus der kurzen Volkskammerära von 1990 zugrundelegt.

Andererseits können und wollen wir nicht das gänzlich unzulängliche BRD-Recht, das von den meisten Bundesbürgerinnen abgelehnt und noch dazu in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird, der DDR überstülpen. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber ist gefragt, um eine für Gesamtdeutschland verbindliche, praktikable Neuregelung zu entwickeln und dabei die positiven wie negativen Erfahrungen, die in der Vergangenheit sowohl in der BRD und der ehemaligen DDR wie auch im benachbarten Ausland gemacht worden sind, mit zu berücksichtigen.

Dezember 1990

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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