Wieder einmal haben die Prognosen die Realität der wirtschaftlichen Entwicklung zu skeptisch eingeschätzt: Es ist 1989 in der Bundesrepublik nicht zu der erwarteten konjunkturellen Verlangsamung gekommen. Das Wachstum des Bruttosozialprodukts (BSP) hat sich sogar weiter beschleunigt, was allerdings auch zusätzlichen Kapitalerträgen aus dem Ausland zu verdanken ist. Die Inlandsproduktion hat 1989 mit rund 3,5% etwa gleich stark expandiert wie 1988.
Unterschätzt haben die Prognosen sowohl die Investitionsdynamik als auch die Außenhandelsentwicklung. Der Überschuß in der Leistungsbilanz dürfte 1989 mehr als 100 Mrd. DM betragen haben, der Überschuß im Warenhandel etwa 150 Mrd. DM. Die deutschen Exporte haben deutlich rascher zugenommen als das Welthandelsvolumen, das allerdings mit etwa 9% ebenfalls rasch expandiert hat. Die rasche Welthandelsexpansion war allerdings mit weiter wachsenden Leistungsbilanzgleichgewichten vor allem in Westeuropa verbunden: Während die Bundesrepublik einen Überschuß in Höhe von etwa 5% des BSP verzeichnete (ein internationaler Spitzenwert), sackte das Defizit Großbritanniens auf minus 4%. Der Überschuß Japans und das Defizit der USA verharrten bei etwa 2,5%. Spanien bezahlt seinen EG-Beitritt ebenfalls mit einem auf 3% des BPS gestiegenen Defizit.