Ausgabe Oktober 1990

Kapitalistische Gesellschaftsformation und Moderne

Der Zusammenbruch des administrativ-bürokratischen Staatssozialismus wird auf die entscheidende Überlegenheit der kapitalistischen Gesellschaftsformation zurückgeführt 1). Angesichts der praktisch demonstrierten Überlegenheit der kapitalistischen Wirtschaftsweise gerät jedoch vielfach aus dem Blick, daß die kapitalistischen Metropolen noch Anfang der 80er Jahre selbst eine schwerwiegende Weltwirtschaftskrise zu überstehen hatten 2). Die durch diese Rezession ausgelöste Modernisierungspolitik zur Revitalisierung des Kapitalismus ist aber längst nicht überall erfolgreich gewesen; die Resultate der Thatcher-Regierung werden selbst im Lager der Neokonservativen nicht sehr positiv eingeschätzt; auch die USA leben zur Zeit trotz aller im Golfkonflikt demonstrierten militärischen Stärke nach wie vor über ihre ökonomischen Verhältnisse.

Die sanfte, unmerkliche Gefährdung der Hegemonialposition der USA hat ein eindrückliches Vorbild: "Großbritannien war zu einer gewaltigen Machtentfaltung imstande, als es 1899/1900 in einen bitteren Streit mit den Buren in Südafrika geriet, mehr als 10 000 Kilometer vom Mutterland entfernt. London setzte über 300 000 Soldaten aus allen Teilen der Welt in Marsch, die Royal Navy beherrschte die Seewege, keine andere große Macht wäre zu einer ähnlichen Anstrengung fähig gewesen...

Oktober 1990

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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