Mit dem irakischen Einmarsch in Kuwait hat in der BRD und insgesamt im Westen innerhalb kürzester Zeit ein kompletter Feindbildwechsel stattgefunden. Anstelle des farblos gewordenen Bildes vom aggressiven, bedrohlichen Osten ist eine orientalische Szene getreten, in deren Vordergrund Saddam Hussein, der "wahnsinnige Diktator" (Gerd Bucerius, "Die Zeit") oder "der Irre" ("Bild") posiert. Fehlwahrnehmungen gehören zum Bild.
Tatsächlich hat der gegenwärtige Wechsel des Feindbilds sich seit einigen Monaten angekündigt. Die irakische Aggression gegen Kuwait konnte ihn beschleunigen, ist aber nicht ursächlich. Mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten begann in der NATO die Suche nach einer neuen strategischen Ausrichtung. Henry Kissinger, in der gegenwärtigen Krise einer der Scharfmacher, projektierte schon im Frühjahr vor dem Weltkongreß der Internationalen Handelskammer die arabisch-islamische Welt als den neuen Feind. Andere formulierten gemäßigter, der Tenor aber blieb: Die NATO bleibt, trotz aller Entspannung in Europa, notwendig, da schließlich "viele der in den nächsten Jahren vor uns liegenden Risiken von außerhalb Europas kommen werden. Ende der 90er Jahre könnten die unmittelbaren Gefahren für den Westen mehr und mehr vom Süden und vom Nahen Osten ausgehen" 1).