Schon lange rebellieren einflußreiche Hierarchen, Programmacher und forsche Jungredakteure auch in den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten gegen das ihnen vom Staatsvertrag applizierte Korsett des B i l d u n g s a u f t r a g s. Staatsfern sollte nach der Erfahrung seiner propagandistischen Nutzung im Unterhaltungskostüm durch die Nationalsozialisten, ein jegliches Massenmedium sein und nicht kommerziell. Information und Belehrung heißen die beiden Elemente, die gleichberechtigt neben die Unterhaltung treten sollten, und um die dazu notwendige Unabhängigkeit (politisch und wirtschaftlich) zu sichern, wurde das System der Gebührenfinanzierung eingeführt. Faktisch sind, seit der Einführung des zweiten Programms und vollends mit dem Auftauchen der privaten Konkurrenz und der sie legitimierenden juristischen Konstruktion des d u a l e n S y s t e m s, d.h. des gesetzlich geregelten Nebeneinanders von privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern, kommerzielle Kriterien bei der Programmgestaltung längst überall ausschlaggebend. Aus der Koexistenz ist ein harter Verdrängungswettkampf geworden.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.