Der Beitritt der Länder der ehemaligen DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes hat zu einer neuen Thematisierung der Abtreibungsgesetzgebung "von oben" geführt. In der DDR galt bekanntlich die in der Bundesrepublik im Februar 1975 für verfassungswidrig erklärte Fristenlösung, die Abtreibung in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft legalisiert 1). Der Einigungsvertrag verpflichtet nun die Bundesregierung, für ganz Deutschland "spätestens bis zum 31. Dezember 1992 eine Regelung zu treffen, die den Schutz vorgeburtlichen Lebens und die verfassungskonforme Bewältigung von Konfliktsituationen schwangerer Frauen ... gewährleistet." 2)
Dieser Zwang zur Formulierung einer für die Frauen der alten und neuen Bundesländer akzeptablen und zugleich FdGO-konformen Abtreibungsregelung hat in jüngster Zeit einige gesetzgeberische Phantasie freigesetzt, besonders bei den Freien Demokraten. Die Situation ist weiterhin dadurch in Fluß geraten, daß das Land Bayern eine Aushöhlung der in Westdeutschland gültigen restriktiven Abtreibungsregelung durch die häufige Inanspruchnahme der "sozialen Notlagenindikation" vermutet und aus diesem Grund Anfang März 1990 eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht hat.