Wer von der Europäischen Gemeinschaft erwartet hatte, sie würde in der Golfkrise dem eigenen Anspruch einer "Friedensmacht Europa" gerecht werden, also in Abgrenzung zur Führungsmacht USA selbständige Initiativen zur Verhinderung bzw. mittlerweile zur sofortigen Beendigung des Golfkriegs ergreifen, sieht sich gründlich enttäuscht.
Während allen voran Großbritannien, aber auch Frankreich und Italien militärisch am Krieg beteiligt sind, hält sich Deutschland - auch auf Druck einer unerwartet starken außerparlamentarischen Anti-Kriegs-Bewegung - in der Rolle des Finanziers zurück, ohne allerdings friedenspolitisch aktiv zu werden. Die EG scheint politisch gespalten wie selten zuvor.
Insbesondere die Bundesrepublik ist dem Vorwurf ausgesetzt, als ökonomischer Nutznießer der gegebenen Weltmarktstrukturen die europäische Wirtschaftspolitik diktieren zu wollen, bei der militärischen "Verteidigung" eben dieser Strukturen aber "feige" den Kopf einzuziehen. Schon mehren sich die Stimmen, die - mit Blick auf Deutschland - der erst im Dezember letzten Jahres ernsthaft ins Auge gefaßten Politischen Union Europas wieder eine Absage erteilen.