Im ursprünglichen Programm der "Perestroika" war aus politischen Gründen eine Revision der gültigen Geschichtsauffassung nicht vorgesehen. Die geistigen Ziehväter des "Neuen Denkens", Gorbatschow und Jakowlew, glaubten 1985/86, eine ausufernde Geschichtsdiskussion würde die angestrebte Beschleunigung der sozialökonomischen Entwicklung behindern. Es müsse vorangeschritten und der Blick nach vorn gerichtet werden, so ihr Credo. Erst nach der Katastrophe von Tschernobyl im April 1986 und während der überlangen Vorbereitung des Januar-Plenums des ZK der KPdSU (1987) bildete sich die neue Position heraus, daß die selbstkritische Aufarbeitung der Vergangenheit notwendig sei für die fundierte Gegenwartsanalyse und die Gestaltung der Zukunft.
Seither gaben Gorbatschow und andere Repräsentanten der politischen Führung wiederholt Impulse zur Geschichtsaufarbeitung im Dienste der "Perestroika". Auf diesem Hintergrund wirkte die Antrittsrede des neuen Rektors des Moskauer Instituts für Geschichte und Archivwesen, Jurij Afanasjew, Anfang 1987 wie ein zündender Funke.