20 Jahre nach Watergate
New-Age-Fans bewundern Mythen, mit denen "primitive" Völker ihrem Leben Struktur und Ordnung geben. Dabei sind die modernen USA mindestens ebenso kreativ, wenn es darum geht, Mythen zu schaffen. Ganz besonders zeigt sich das an der Legende, die sich um die Watergate-Affäre rankt. Wie sich der folgenschwere Einbruch in das Büro der Demokratischen Partei im Washingtoner WatergateBürogebäude in der Rückschau nach 20 Jahren ausnimmt, hat mit der Realität nicht sehr viel zu tun. Angefangen hatte "Watergate" am Montag, dem 19. Juni 1972, mit einem Artikel in der "Washington Post": Einer der fünf Einbrecher, die in der Nacht zum Sonntag beim versuchten Lauschangriff festgenommen worden waren, sei James McCord, ein Ex-CIA-Mann und "Sicherheitskoordinator" der Wahlkampagne von Präsident Richard Nixon, berichteten die Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein.
Laut Watergate-Mythos haben die beiden eifrigen Jungreporter als Vertreter der neuen Gattung "Enthüllungsjournalist" in den folgenden Monaten aufgedeckt, daß der Einbruch Teil einer "massiven Spionage- und Sabotageoperation" führender Vertreter des Weißen Hauses und der Kampagne zur Wiederwahl Nixons war. Letztendlich hätten Woodward und Bernstein mit Unterstützung ihres mutigen Chefredakteurs Ben Bradlee und der Verlegerin Katharine Graham Nixon zum Rücktritt gezwungen.