Ausgabe Juli 1993

Die Zurechtweisung

Karlsruhe, § 218 und die vormundschaftliche Demokratie

"Auch diejenigen, denen die Abschaffung dieser Paragraphen zu weitgehend erscheint, werden nicht leugnen können, daß gerade diese Paragraphen in ihrer unheilvollen Wirkung sich vor allem gegen die niederen, besitzlosen Schichten richten... Und darum scheint mir in keinem Zeitpunkt, wie in diesem Augenblick, es so überaus notwendig, unsere alten, seit fast zwanzig Jahren gestellten Forderungen dringender als je zu erheben." 1) Helene Stöcker schrieb dies 1924; ihre Forderung und die des "Bundes für Mutterschutz und Sexualreform" war die Streichung der Paragraphen 218/219 aus dem Strafgesetzbuch. Lange war nicht mehr vom Paragr. 218 als dem "Klassenparagraphen" gesprochen worden, das hat sich mit dem 28. Mai 1993 geändert.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Gesetz zur Reform des Paragr. 218, das im Juli vergangenen Jahres vom Bundestag mit Mehrheit verabschiedet worden war, auf seine Verfassungsgemäßheit geprüft - auf Antrag der Bayerischen Staatsregierung und 249 Abgeordneter des Deutschen Bundestags, die im parlamentarischen Verfahren unterlegen waren. Herausgekommen ist dabei eine seit dem 16.

Juli 1993

Sie haben etwa 2% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 98% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Frieden durch Recht

von Cinzia Sciuto

Am Anfang stand der 11. September 2001. Danach wurde die Lawine losgetreten: Ein langsamer, aber unaufhaltsamer Erdrutsch erfasste die internationale rechtliche und politische Ordnung. Ein Erdrutsch, der nach und nach die supranationalen Institutionen und die stets fragile, aber nie völlig illusorische Utopie einer friedlichen und auf dem Recht basierenden Weltordnung tief erschüttert hat