Ein Beben hat das politische System Japans heimgesucht. Es war außerordentlich stark und hat insbesondere die Parteienlandschaft getroffen. Wie immer nach solch einer schweren Erschütterung fällt es nicht leicht, die unmittelbaren Wirkungen und längerfristigen Folgen sofort abzuschätzen. Sicher ist vorerst nur, daß die seit 38 Jahren allein herrschende Liberal-Demokratische Partei (LPD) *) einer recht bunten Koalition kleinerer Parteien weichen muß. Sehr wahrscheinlich ist, daß in naher Zukunft das Wahlsystem verändert und die Parteienfinanzierung neu geregelt werden.
Ob das vielzitierte "Eiserne Dreieck" zwischen konservativer Politik, Wirtschaft und Bürokratie 1) aufbricht, bleibt abzuwarten. Ob die Machtverhältnisse, der politische Prozeß und die politische Kultur im Lande der aufgehenden Sonne eine grundlegende Veränderung erfahren werden, wird sich noch zeigen. Versuchen wir also zunächst, den Ablauf der Ereignisse zu rekonstruieren.
Der Sturz der Regierung Miyazawa
Mitte Juni 1993 war es endlich soweit. Die regierende LDP wurde der immer verzwickter werdenden internen Kämpfe zwischen den machtpolitisch strukturierten Fraktionen (Habatsu) wie auch zwischen den verschiedenen sachpolitisch ausgerichteten transfraktionalen Interessengruppen (Zoku) nicht mehr Herr 2). Parteipräsident und Regierungschef Kiichi Miyazawa mußte am 15.6.