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Die Wirtschaftspolitik zur Bewältigung der Vereinigung der beiden deutschen Staaten hat in den letzten drei Jahren nicht zum gewünschten Erfolg geführt - zumindest nicht in der erhofften Geschwindigkeit. Das steht mittlerweile nicht nur außer Frage, sondern wird auch bis zum Überdruß wiederholt. Die Vereinigung hat der Wirtschaft in den alten Bundesländern zunächst kräftige Gewinne beschert. Der Abstand zwischen West und Ost hat sich erst einmal noch erhöht.
Noch hält sich das ökonomische Elend in den neuen Ländern in Grenzen - zumindest durch die Brille der Statistik betrachtet.
Doch der Weg von anhaltender Arbeitslosigkeit in die Armut ist kurz. Millionen Menschen sind von sozialem Abstieg ernsthaft bedroht. Da erscheint die wirtschaftliche Flaute im Westen der Republik besonders beunruhigend. Vor der Vereinigung wurde von Politikern immer wieder behauptet, daß der Aufbau im Osten ohne Opfer für die alten Bundesländer bewerkstelligt werden könne. Ebenso eindringlich wird jetzt "Teilen" gefordert, auch in ökonomischer Hinsicht.
Aber diese Aufforderung bleibt fast immer auf eine merkwürdige Weise vage. Manchmal klingt sie gar nur wie ein Appell zum Maßhalten an andere.