In Italien hat ein politischer Umbruch stattgefunden, der mit denen in den osteuropäischen Ländern vergleichbar ist. Eine ganze politische Klasse mußte abtreten, Parteien, die über Jahrzehnte hinweg in einer Art Multi-Einparteiensystem die Macht innehatten, sind von der Bildfläche verschwunden. Das alles war (auf der Ebene der konkreten Ereignisse) die Folge einer einzigartigen Aktivität des Justizsystems: Allein gegen Mitglieder des Parlaments und der Regierung wurden 851 Strafanträge gestellt, selbst Parteivorsitzende, Ratspräsidenten und Minister haben mit Gefängnisstrafen zu rechnen. Die Aktion Mani Pulite (saubere Hände) wurde in der Öffentlichkeit als ein radikaler Reinigungsprozeß begrüßt, das Wahlrecht wurde verändert, und die ersten auf ihm beruhenden Wahlen brachten erwartungsgemäß völlig neue Parteien und Personen in fast alle politischen Ämter. Parteien? In der Dreierkoalition gibt es nur eine klassische Partei: die Neofaschisten der Nationalen Allianz. Die beiden anderen sind eher regional-ethnische (Lega Nord) und ökonomische (Forza Italia) Interessengruppen.
Personen? Der "Corriere della Sera" sprach von "Plastikmenschen" und "im Labor gefertigten Klonen".