Die Begriffe "Volk" und "Nation", die im 18. Jahrhundert fast durchgängig synonym verwendet wurden und in ihrer Bedeutung auf das grundlegende Legitimationsmodell der Volkssouveränität festgelegt waren, unterlagen bis zum 20. Jahrhundert einem Bedeutungswandel, der sie bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Das Thema ist deshalb nur dann angemessen zu behandeln, wenn gleichzeitig die kollektive Verdrängung des Volkssouveränitätsprinzips in der Gegenwart erörtert wird, die den Begriffen Volk und Nation ihre ursprüngliche Intention entzog und sie dadurch erst freisetzte für neue - höchst prekäre - Besetzungen. Um die Besonderheit des Begriffs der Nation im 18. Jahrhundert gegenüber aggressiven Nationalismen späterer Entwicklungen herauszuarbeiten, lohnt es sich, auf eine Unterscheidung Jean-Francois Lyotards einzugehen, die diese Besonderheit zugleich hervorhebt und nivelliert.
Dem letzteren Aspekt liegt ein Verfahren zugrunde, das ganz einer heute modischen Betrachtungsweise entspricht, der Aufklärung selbst schon anzulasten, was das 20. Jahrhundert an Ungeheuerlichkeit hervorbrachte. Nicht eine "Dialektik der Aufklärung" ist hier vorausgesetzt, sondern eine Verfallslogik der Aufklärung.