Über die Vereinbarkeit universaler Normen mit kultureller und ethnischer Vielfalt
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Der Titel meines Beitrags ist genau derjenige, der von der Kongreßleitung der Römerberg-Gespräche vorgegeben wurde *). Ich habe mir lediglich erlaubt, hinter den ersten Satz "Anderssein, ein Menschenrecht" ein Fragezeichen zu setzen, um - aus meiner Sicht - die Richtung einer möglichen Problematisierung des Themas anzudeuten. Der Grund für diese Vorsicht oder Voraussicht ist folgender: Ich übernehme von mir aus gern die Aufgabe, die "Vereinbarkeit universaler Normen mit kultureller und ethnischer Vielfalt" aufzuzeigen; und ich halte diese Aufgabe für aktuell und dringend.
Doch als pedantischer Philosoph sehe ich Schwierigkeiten für die Begründung der Notwendigkeit universaler Normen voraus, wenn man das Recht zum Anderssein von vornherein ohne jede Qualifikation bejaht. Man ist heutzutage nur zu schnell bereit, das berechtigte Anliegen der Verteidigung des Andersseins oder des Pluralismus dadurch zur Geltung zu bringen, daß man es gegen die universalen Normen der Moral ausspielt.
So geschah es z.B. beim späten Michel Foucault, als er die individualistische Ethik des "souci de soi" der universalistischen Ethik der Stoa und vor allem Kants entgegenstellte.