Ausgabe Januar 1996

UN-real

Erfolgsbedingungen der Vereinten Nationen

Die Weltpolitik befindet sich im Umbruch. In dessen Folge haben sich die Existenzbedingungen von Staaten und internationalen Organisationen verändert. Aus den Zwängen der bipolaren Weltordnung befreit, könnte die Vereinten Nationen beispielsweise als eine Art Weltregierung die globalen Probleme aufgreifen, meinen einige Beobachter. Wer sonst sollte für Menschheitsprobleme zuständig sein, wenn nicht die Menschheit selbst? Und ist die UNO nicht deren vornehmste Vertretung? Aber: Sind die Globalisierungstendenzen nicht nur fallweise und dann meistens halbherzig aufgegriffen worden? Menschenrechts-, Klima-, Frauen, Bevölkerungs- und Sozialkonferenzen – ihnen allen ist gemeinsam, daß die Probleme viel größer sind als die institutionellen Mechanismen und daß die meisten Teilnehmer sehr unterschiedliche Interessen verfolgen.

Wer anders aber wäre in der Lage, das spürbar gewordene Defizit aufzufüllen und den Kern einer über nationale Grenzen hinausreichenden Verantwortungsgemeinschaft zu bilden? Wer anders könnte Wertverteilungen legitimieren, ohne in bloße Herrschaft abzugleiten? Entsprechend wird von vielen Seiten eine grundlegende Reform der UNO gefordert, um sie für die Bedingungen der Globalisierung und die Komplexität einer multipolaren Welt zu rüsten.

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