Die Debatte darüber, ob in Zukunft noch ebenso viele Spätaussiedler in der Bundesrepublik Aufnahme finden können wie bisher, ist über Jahre hinweg eher zaghaft und verhalten geführt worden. Das ist nicht verwunderlich. Deutschstämmige Zuwanderer können sich auf gesicherte rechtliche Ansprüche berufen. Zudem gilt der Artikel 116 des Grundgesetzes angesichts des Meinungsbildes und der politischen Mehrheitsverhältnisse auf absehbare Zeit als unumstößlich. Anders als gegenüber Ausländern, Asylsuchenden und Bürgerkriegsflüchtlingen sehen sich gerade konservative Kräfte in unserem Land Aussiedlern gegenüber zu freundlicher Aufnahmebereitschaft verpflichtet.
In den Wochen vor den Landtagswahlen vom 24. März 1996 änderte sich die Situation schlagartig. Bundesweit erregten Forderungen einiger prominenter Sozialdemokraten nach einer Begrenzung des Aussiedlerzuzugs die Gemüter. Die SPD setzte sich dem Verdacht aus, sie begebe sich zu Lasten einer Minderheit auf Stimmenfang am rechten Rand - betreibe also das gleiche Spiel, für das sie noch wenige Jahre zuvor die CDU/CSU wegen deren Kampagnen gegen Ausländer und Asylbewerber heftig gescholten hatte. Dabei verdient die Problematik einen ruhigen, differenzierten öffentlichen Disput.