Ausgabe Dezember 1997

Von einem anderen Stern

Zwei Drittel wollen einen Regierungswechsel, aber weniger als 50% glauben, daß er bei der Bundestagswahl 1998 zustandekommt. So die Umfragen im Oktober/November 1997. Offenkundig überzeugen weder Regierung noch Opposition.

Ob das an dem unverkennbar lagerübergreifenden Konsens von Schäuble bis Schröder, von Dreßler bis Blüm darüber liegt, was heute als Reformpolitik gedacht werden darf und was nicht? Halten wir uns an das Umfrageparadox: Die große Mehrheit will einen Wechsel, glaubt aber nicht, daß er kommt. Traut sich nicht zu, ihn zustande zu bringen, heißt das ja wohl auch. Oder traut "denen da oben" zu, daß sie die Sache ohnedies unter sich ausmachen (können!). Daß also das Mitspracherecht der Bürger in diesem Land, in dem es ja in der Tat erst einmal in fünf Jahrzehnten Machtwechsel per Bundeswahl gab, Kohl oder Nichtkohl gar nicht betrifft. Lassen die Oppositionsparteien sich auf einen Wettlauf um die glaubwürdigere Vertretung der Markttheologie ein (oder versucht die SPD wieder einmal, der CDU den "Kompetenzvorsprung" in Sachen Law & Order im Handstreich abzuringen), dann können sie einpacken.

Kohl und Hintze wollen und werden auch diesmal polarisieren.

Dezember 1997

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.