Zur Physiognomik des schlanken Staats
Die "Modernisierung des Staates" steht an. An allen Ecken basteln Reformexperten, "Verschlankungs"-Vorschläge erscheinen mit hoher Frequenz, "Steuerungsmodelle" haben Konjunktur. Effizienter soll werden, was in öffentlichen Händen liegt; sie sollen ihre Dienste kundenorientiert verrichten; Wettbewerb will man einführen, um den Beamten Beine zu machen; wo Neuerungen nicht genügend abwürfen, dürften private Anbieter hoheitliche Aufgaben erledigen; an manchen Fronten zeichnet sich gar ab, daß staatliches Handeln überhaupt obsolet geworden sein mag. Kurz: Die Staatsmacht selbst ist ins Gerede gekommen.
1. Machtverlust als Staatsziel?
Es war einmal eine Zeit, da gab es keine Zweifel, wer "der Staat" sei und was er zu tun habe: eine "nach innen und außen verselbständigte, mit eigenen Machtmitteln kontinuierlich wirksame Herrschaftseinheit", "territorial und personell scharf umrissen", zuständig für die "Organisation und Aktivierung des gebietsgesellschaftlichen Zusammenwirkens" von "einem der Ökonomie übergeordneteten Standpunkt aus".
So Hermann Heller. (zit. n. Offe 1987, 309) Souverän würde ein "wirklicher" Staat sein und seine eigene Räson durchsetzen können; Grenzen sollten ihm allein andere Staaten setzen.