Bis jetzt zählte es zu den unangenehmen kleinen Geheimnissen, daß die Länder, die sich für die fortgeschrittensten und zivilisiertesten halten, "unerwünschte" Menschen sterilisiert oder ihnen ihre Kinder weggenommen haben, um die "Rasse" zu verbessern. Mancherorts geschah dies bis Mitte der 70er Jahre. In Schweden wurden zwischen 1935 und 1976 mehr als 60 000 Menschen gegen ihren Willen oder ohne vorherige Information sterilisiert. Es handelte sich dabei um geistig oder körperlich behinderte Personen, Menschen mit Erbkrankheiten oder gesellschaftlich "nicht erwünschte" Frauen, die "zu viele" Kinder hatten und angeblich ein "schlechtes Leben" führten. Unter ihnen waren auch Zigeuner, Landstreicher und Menschen, die nicht als "reinrassige" Schweden galten (wie diese Rasse angeblich aussah, wurde in einer Serie von Schautafeln des Instituts für Rassen-Lehre 1922 in Uppsala festgelegt).
Aber laßt uns Schweden nicht ausgrenzen. Dasselbe geschah in anderen nordischen Staaten genauso wie in der Schweiz. Es geschah in den Vereinigten Staaten von Amerika. Noch Ende 1943 hatten 30 der damals 48 US-Staaten Gesetze zur Sterilisierung genetisch "Minderwertiger". In den meisten Staaten konnten Sterilisationen ohne das Einverständnis der Opfer durchgeführt werden.