Ausgabe August 1998

Witzfiguren, Marionetten oder braune Demagogen?

Zur Parlamentstätigkeit rechtsextremistischer Parteien

Im bundesweiten Medienecho auf den Wahlerfolg der DVU in SachsenAnhalt sind zwei Tendenzen auffällig. Zum einen wird die Entscheidung von 13% der Wählern für die DVU zur bloßen Protestwahl erklärt - daß diese Zustimmung mit einer Bejahung der rechtsextremen Programmatik zusammenhängen könnte, wird bestritten oder unterschlagen. 1) Zum andern werden aber auch die Folgen verharmlost: Der Parlamentseinzug der DVU sei gar nicht so schlimm, weil die gewählten Abgeordneten der Partei unfähig seien, das Parlementsgeschehen zu beeinflussen.

Der "stern" sprach von den 16 neuen Landtagsabgeordneten verächtlich als einer "Gurkentruppe", die nur aus "schrägen Vögeln", ehemaligen Kommunisten und Opportunisten bestehe: "Die DVU-Truppe ist ein Sammelsurium früherer SED-Mitglieder, DDR-Blockflöten, mutmaßlicher Stasi-Spitzel und dumpfer Mitläufer. 2) Die "Focus"-Überschrift verband die beiden Verharmlosungstendenzen miteinander. 3) Auch der publizistische Widerpart "Spiegel" wich nicht von dem allgemeinen Tenor ab, als er unter dem reißerischen Titel "Front der Frustrierten" schrieb "Wirres Frey-Korps. Die DVU schickt eine skurrile Truppe in den Magdeburger Landtag. Vom mutmaßlichen Stasi-IM bis zum verurteilten Pistolenschwinger ist alles dabei.

August 1998

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Immer jünger, immer rechter: Teenager mit Baseballschlägern

von David Begrich

Ihre Haare sind kurz, gescheitelt und streng gekämmt. Sie zeigen den White Power- oder gar den Hitlergruß. Ist der Aufschwung der rechtsextremen Jugendszene wirklich etwas Neues – oder nur eine Fortsetzung neonazistischer Gewalt?

Maskulin und libertär

von Stefan Matern, Sascha Ruppert-Karakas

Echte Männer sind rechts“ – das auf Social Media viral gegangene Video des AfD-Politikers Maximilian Krah ist mehr als nur ein lapidares Bekenntnis zu traditionellen Familien- und Geschlechterrollen. Es ist vielmehr der strategische Versuch, junge Menschen niedrigschwellig an AfD-Positionen heranzuführen. Im provokanten Politainmentstil bespielt die Partei auf den digitalen Plattformen unpolitisch anmutende Themen rund um die Probleme und persönlichen Unsicherheiten junger Männer.