Ausgabe Februar 1998

Das Pendel schwingt zurück

Ohne effizienten Staat keine Entwicklung

Der nach 1989 weltweit durchgesetzte Kapitalismus hatte sich ökonomisch und politisch zunächst im Rahmen von Nationalstaaten 1) konstituiert. Und es sind politische Entscheidungen von Nationalstaaten, die den Prozeß der Globalisierung (besser: Internationalisierung) bestimmen - mit denen allerdings technologischen und ökonomischen Veränderungen und Interessen Rechnung getragen wird. Im folgenden soll die Frage diskutiert werden, welche Bedeutung der Nationalstaat und seine Institutionen für die Positionierung von Gesellschaften im Internationalisierungsprozeß haben. Das Hauptinteresse gilt dabei den Entwicklungsländern (EL), für welche die Internationalisierung veränderte Rahmenbedingungen nachholender Entwicklung setzt.

Internationalisierung und Standortkonkurrenz - ein Widerspruch?

Es scheint nur selten aufzufallen, daß die Beschwörung der "Globalisierung", des liberalisierten und deregulierten Weltmarktes und seiner (Sach)Zwänge einerseits und die soundsovielte Neuauflage der Standortdebatte andererseits einen eklatanten Widerspruch bilden. Dem liberalen Dogma entsprechend sollen auf dem Weltmarkt die von staatlicher Vormundschaft befreiten Wirtschaftssubjekte um niedrige Kosten, Preise und hohe Profite konkurrieren. Akteure des Weltmarkts wären demnach Einzelkapitale und nicht Staaten.

Februar 1998

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