Ausgabe Juli 1998

Eindringliche Erinnerung

Ausländische Mitbürger sind Bürger, nicht Ausländer. Ausländerinnen und Ausländer dürfen nicht länger als Sündenböcke mißbraucht werden

Schützen wir unser Land und seine Bewohner vor Demagogen und bedenkenlosen Wahlkämpfern.

Wir Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sehen mit Sorge und Empörung, daß bedenkenlose Wahlkämpfer quer durch das politische Spektrum sich anschicken, den Bundestagswahlkampf 1998 auf dem Rücken der "ausländischen Mitbürger" auszutragen.

Nach Hoyerswerda und Rostock, Hünxe, Solingen, Lübeck gebieten es der Respekt vor den Opfern und die demokratische Selbstachtung, daß nicht erneut Menschen in diesem Lande gegeneinander aufgehetzt, nicht erneut Mitmenschen zu Sündenböcken gemacht werden. Da gewinnt in Sachsen-Anhalt eine Phantompartei mit "Deutsche zuerst"-Parolen auf Anhieb fast 13 Prozent, darunter rund ein Drittel der Wähler unter 30 Jahren. Da werden in Ostdeutschland vermehrt "national befreite Zonen" ausgerufen. Da spickt die CSU, eine Regierungspartei, ihr Wahlprogramm mit Slogans … la 'Deutschland ist kein Einwanderungsland', 'straffällige Ausländer verwirken ihr Gastrecht und gehören abgeschoben' oder mit der erneuten Diskreditierung doppelter Staatsbürgerschaft.

Selbst die Kanzlerkandidaten der beiden großen Parteien werden mit einschlägigen Äußerungen zitiert.

Juli 1998

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