Ausgabe Juli 1998

Eindringliche Erinnerung

Ausländische Mitbürger sind Bürger, nicht Ausländer. Ausländerinnen und Ausländer dürfen nicht länger als Sündenböcke mißbraucht werden

Schützen wir unser Land und seine Bewohner vor Demagogen und bedenkenlosen Wahlkämpfern.

Wir Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sehen mit Sorge und Empörung, daß bedenkenlose Wahlkämpfer quer durch das politische Spektrum sich anschicken, den Bundestagswahlkampf 1998 auf dem Rücken der "ausländischen Mitbürger" auszutragen.

Nach Hoyerswerda und Rostock, Hünxe, Solingen, Lübeck gebieten es der Respekt vor den Opfern und die demokratische Selbstachtung, daß nicht erneut Menschen in diesem Lande gegeneinander aufgehetzt, nicht erneut Mitmenschen zu Sündenböcken gemacht werden. Da gewinnt in Sachsen-Anhalt eine Phantompartei mit "Deutsche zuerst"-Parolen auf Anhieb fast 13 Prozent, darunter rund ein Drittel der Wähler unter 30 Jahren. Da werden in Ostdeutschland vermehrt "national befreite Zonen" ausgerufen. Da spickt die CSU, eine Regierungspartei, ihr Wahlprogramm mit Slogans … la 'Deutschland ist kein Einwanderungsland', 'straffällige Ausländer verwirken ihr Gastrecht und gehören abgeschoben' oder mit der erneuten Diskreditierung doppelter Staatsbürgerschaft.

Selbst die Kanzlerkandidaten der beiden großen Parteien werden mit einschlägigen Äußerungen zitiert.

Juli 1998

Sie haben etwa 22% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 78% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Politik vor Recht: Die Aushöhlung der liberalen Demokratie

von Miguel de la Riva

Als der FPÖ-Chefideologe und heutige Parteivorsitzende Herbert Kickl im Januar 2019 in einem ORF-Interview darauf angesprochen wurde, dass seine Asylpläne an die Grenzen von EU-Recht, Menschenrechtskonvention und Rechtsstaat stoßen, antwortete der damalige österreichische Innenminister, „dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht“.

Ernst, aber nicht hoffnungslos

von Thorben Albrecht, Christian Krell

Spätestens seit Ralf Dahrendorfs berühmt gewordener These vom „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts“ gehören SPD-Niedergangsprognosen zu den Klassikern der parteibezogenen Publizistik. Die Partei hat diese Prognose bisher um 42 Jahre überlebt. Aber das konstituiert keine Ewigkeitsgarantie.