Das dürfte es eigentlich nicht geben: Zunächst in Frankreich, jetzt auch in der Bundesrepublik, stehen Arbeitslose auf, um ihre Rechte einzufordern - kämpfen für ein Recht auf Arbeit, eine hinreichende materielle Absicherung, nicht zuletzt aber für die Rückgewinnung ihrer Würde. Hatte nicht der main stream der Sozialwissenschaften die Erwerbslosen pauschal zu apathischen, resignierten und dauerhaft marginalisierten Opfern der Arbeitsmarktkrise und damit als unfähig zu sozialer oder politischer Bewegung abgestempelt? Hatten nicht interessierte Kreise den Betroffenen die Schuld an der Unterbeschäftigung zugewiesen? Eine solche Personengruppe galt, einer verbreiteter Auffassung zufolge, jedenfalls als unfähig, Subjekt der eigenen Interessen zu sein. Während in Deutschland die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik nach wie vor von neoliberalen Ansätzen bestimmt wird, regiert im westlichen Nachbarland bekanntlich eine Linkskoalition unter Einschluß von Linkssozialisten und Kommunisten. Daß diese Regierung auch mit den Stimmen Arbeitsloser ins Amt gekommen ist, kann nach den Resultaten der Wahlforschung ebenso angenommen werden wie die Offenheit einer solchen Administration für die Forderungen Arbeitsloser.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.