Ausgabe November 1999

Der Fall Haider

Am 3. Oktober hat Österreich ein neues Parlament gewählt. Die Sozialdemokratie (SPÖ) blieb zwar stärkste Partei, mußte aber eine empfindliche Schlappe einstecken; sie kam nur noch auf 33,4%, verlor 4,7% gegenüber 1995 und 6 Sitze. Damit hat sie, die zwischen 1970 und 1985 mit absoluter Mehrheit geherrscht hatte, das schlechteste Wahlergebnis in der Zweiten Republik erzielt. Ihr Koalitionspartner, die christdemokratische ÖVP, verlor 1,4% und kam auf 26,9% der Stimmen. Zugleich verlor sie ihre Position als zweitgrößte Partei an die Hauptsiegerin, an Haiders FPÖ, die gegenüber 1995 um 5,3% zulegen konnte, nun bei 27,2% liegt und ein Mandat mehr als die ÖVP hat. Verbessern konnten sich auch die Grünen von 4,8 auf 7,1% bzw. von 9 auf 13 Mandate, während das Liberale Forum (LIF) - liberale Kräfte, die sich 1992 von der FPÖ abgespalten haben - die Vier-Prozent-Hürde nicht mehr überspringen konnte. International wurde der Wahlausgang unterschiedlich, doch meist mit Besorgnis kommentiert. Während die "Neue Zürcher Zeitung" von einer "erdrutschartigen Normalisierung Österreichs" sprach, titelte "La Repubblica": "Ein neuer Hitler in Österreich?" Und Israels Präsident Weizman rief gar bei Bekanntwerden des Ergebnisses die etwa 8 000 in Österreich lebenden Juden auf, das Land zu verlassen.

November 1999

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema