"Tragisch" sei die Art und Weise, in der Helmut Kohl sein eigenes Lebenswerk und sein Bild in der Geschichte zerstöre, sagen sowohl Parteifreunde als auch politische Gegner des Altkanzlers unter Hinweis auf dessen starrköpfiges Verhalten im parlamentarischen Untersuchungsausschuß. Eine verräterische Formulierung. Der Duden definiert den Begriff der Tragik als "unverdientes Leid, das den außenstehenden Betrachter durch seine Größe erschüttert". Im Kopf haben die meisten derjenigen, die in diesen Tagen und Wochen von Tragik sprechen, diese Definition gewiß nicht. Aber durchaus im Gefühl: Sie möchten gerne außenstehende Betrachter des CDU-Spendenskandals sein - ob sie dieser Partei nun angehören oder nicht. Darüber hinaus eint der Wunsch, den weltweit geachteten Kanzler der Einheit möge sein Schicksal unverdient getroffen haben, die politische Klasse in Deutschland über alle trennenden Grenzen hinweg.
Dieser Wunsch ist nicht erfüllbar. Helmut Kohl hat die CDU 25 Jahre lang geführt und geprägt, und er war 16 Jahre lang Regierungschef der Bundesrepublik. Er wäre selbst dann der Hauptverantwortliche für den Spendenskandal seiner Partei, wenn er persönlich nie einen Geldschein in die Hand genommen hätte.