Ausgabe Juni 2000

Sozialdemokratische Herzenssachen

Die SPD macht mobil, könnte man meinen. Zumindest das Schlagwort, unter dem sie neulich im Berliner Willy-Brandt-Haus ihre Grundwertedebatte startete, klingt ein bisschen wie der Slogan eines Bewerbers um die Vergabe der neuen Mobilfunklizenzen: "Dialogoffensive 2000". Doch es geht um weit mehr: Die SPD verständigt sich im "Jahr eins" des neuen Jahrhunderts, im "Jahr zwei" nach der Regierungsbildung und dem Schröder/Blair-Papier über ihre Grundwerte, als da wären (nur zur Erinnerung): Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität. Zuoberst und zuallererst geht es um Gerechtigkeit, denn das Thema "berührt nicht nur den Kern und die Grenzen der Politik" (Wolfgang Thierse), "Gerechtigkeit war, ist und bleibt für Sozialdemokraten Herzenssache" (Wolfgang Clement). Und wie mit allen Herzensangelegenheiten, so ist es auch mit Fragen der Gerechtigkeit: Gelegentlich liegen sie einem schwer im Magen. Dann gilt es innezuhalten, mit möglichst kühlem Kopf nachzudenken, das Gespräch mit erfahrenen Leidensgenossen zu suchen und nötigenfalls den Rat guter Freunde einzuholen. Das ist es, was die SPD am 26. April 2000 in Berlin unternahm.

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