Dreißig Jahre Hochschulreform
Die Deregulierung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) im August 1998 markiert eine Zäsur in der Entwicklung des bundesdeutschen Hochschulsystems. Dreißig Jahre nach der 1968 auf den Weg gebrachten sozialliberalen Hochschulreform der 70er Jahre hat der Bundesgesetzgeber den Ländern die Option eines Abschieds von der Gruppenhochschule eröffnet, von der derzeit ausgerechnet die rotgrüne Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen am konsequentesten Gebrauch macht. 1) Die gegenwärtige Neuordnung der inneren und äußeren Verfassung der deutschen Hochschulen, also sowohl ihrer internen Steuerungs- und Entscheidungsprozeduren als auch des Verhältnisses von Hochschulen und Staat (und in einem weiteren Sinne von Wissenschaft und Gesellschaft), zielt jedoch nicht etwa auf eine Restauration der alten Ordinarienuniversität ab. Herrschendes Leitbild der Umstrukturierung des Hochschulwesens ist vielmehr eine radikale Ökonomisierung von Bildung und Wissenschaft bis hin zu einem vollständigen Verzicht auf überkommene Strukturen der akademischen Selbstverwaltung.
Rückblick: Von der Ordinarienuniversität zur Gruppenhochschule
Nach 1945 war es in Deutschland zunächst zu einer Restauration der bereits vor dem Ersten Weltkrieg bestehenden Hochschulverfassung gekommen - der kulturstaatlich verfassten Ordinarienuniversität.