Kaum eine Politikerrede, die nicht die Arbeitslosigkeit als eines der größten Übel unserer Gesellschaft beklagt - kein Tarifabschluß, kein Haushaltsplan, kein EU-Gipfel, der sich nicht zumindest rhetorisch in den Dienst der "Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" stellt. Entgegen allen Beteuerungen, Bemühungen und trotz vereinzelter "Erfolge" wurde bislang weder auf dem bundesdeutschen noch auf dem europäischen Arbeitsmarkt ein Durchbruch erzielt. Bereits Anfang der 80er Jahre, zu Beginn der Massenarbeitslosigkeit, provozierte der liberale Theoretiker Ralf Dahrendorf - im Rückgriff auf Hannah Arendt - mit der These vom "Ende der Arbeitsgesellschaft". Der französische Sozialphilosoph André Gorz macht sich in seinem kürzlich auf deutsch erschienen Buch "Arbeit zwischen Misere und Utopie" (Suhrkamp) diese Formel zu eigen, um einen radikalen Perspektivwechsel einzufordern: Nicht die Misere beklagen, sondern sie offensiv nutzen. Wir danken André Gorz, daß er sich die Zeit genommen hat, die Fragen von Margund Zetzmann zu beantworten. - D. Red.
"Blätter": Die Gesellschaft zeigt Risse. Sie drängen darauf, das als Chance zu begreifen und den Bruch zu wagen.