Ausgabe Juni 2001

Im Generationen-Container

Die 68er und ihre Nachfolger

Der Pulverdampf der jüngsten Attacke auf die 68er scheint verflogen. Aber wie bei anderen beliebten Angriffszielen gilt auch hier, dass ein Verzicht auf eine neue Gelegenheit, sich im Licht der Medien auf diesem Kampfplatz auszuzeichnen, kaum erwartet werden darf. Immerhin ist tröstlich, dass das Vokabular der Schlachtbeschreibung jetzt ganz metaphorisch sein kann, während 1968 noch Polizeiknüppel, Steine, Eier und Tomaten realiter im Spiel waren, die ihrerseits in Auseinandersetzungen gebraucht wurden, bei denen es um Krieg sans phrase ging, den Vietnamkrieg und den Krieg samt Völkermord des nationalsozialistischen Deutschland. Mir ging dieser Gedanke in einem bestimmten Moment des zurückliegenden Scharmützels durch den Kopf. In der FAZ vom 17. Januar 2001 las ich, wie Joscha Schmierer, heute Berater von Außenminister Fischer, eine Situation aus dem Jahr 1969 deutete, in der der Rektor der Heidelberger Universität, der Historiker Werner Conze, mit Eiern und Tomaten beworfen worden war. "Natürlich warfen wir die Eier auf die Institution, die Veranstaltungen verbieten wollte. A

ber sie trafen und bekleckerten das Individuum, zu dem als Doktorvater ich überdies ein gutes Verhältnis gehabt hatte. Wir mussten böse Zitate aus seinem Wirken im Dritten Reich finden, um uns vor uns selber zu rechtfertigen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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