Ausgabe November 2001

Die Talibanisierung Afghanistans

Das von der Weltöffentlichkeit lange Zeit vergessene und zu einem der Waisenkinder der Weltpolitik 1) degradierte Afghanistan ist durch die Anschläge vom 11. September in den Vereinigten Staaten zum herausragenden Thema der Medien geworden. Von der im Land seit der Machtübernahme der Modjahedin am 27. April 1992 herrschenden unvorstellbaren Brutalität, von dem in Kabul angerichteten Blutbad und der fast vollständigen Zerstörung der Stadt war zuvor kaum Notiz genommen worden. Erst mit dem Auftauchen der Taleban im September 1994 (am 27. September 1996 eroberten sie Kabul) und ihrer extrem fundamentalistischen, vor allem frauenund kulturfeindlichen Politik (Anfang März 2001 ließen sie die Buddha-Statuen im zentralafghanischen Bamian zerstören) begann eine neue Etappe der Berichterstattung über Afghanistan. Die Katastrophe von New York und Washington könnte zu einem Glücksfall für Afghanistan werden - sofern die internationale Gemeinschaft nicht nur die partikularen Interessen bestimmter Mächte, sondern auch die der Afghanen berücksichtigt und dies zu einer nachhaltigen Friedens- und Stabilitätspolitik führt. Dazu bedarf es eines finanziellen Engagements und eines langen Atems. Mit Bomben und Raketen ist das Problemfeld Afghanistan nicht in den Griff zu bekommen, im Gegenteil: Die ohnehin prekäre Situation verschlechtert sich weiter.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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