Ausgabe November 2001

Die Talibanisierung Afghanistans

Das von der Weltöffentlichkeit lange Zeit vergessene und zu einem der Waisenkinder der Weltpolitik 1) degradierte Afghanistan ist durch die Anschläge vom 11. September in den Vereinigten Staaten zum herausragenden Thema der Medien geworden. Von der im Land seit der Machtübernahme der Modjahedin am 27. April 1992 herrschenden unvorstellbaren Brutalität, von dem in Kabul angerichteten Blutbad und der fast vollständigen Zerstörung der Stadt war zuvor kaum Notiz genommen worden. Erst mit dem Auftauchen der Taleban im September 1994 (am 27. September 1996 eroberten sie Kabul) und ihrer extrem fundamentalistischen, vor allem frauenund kulturfeindlichen Politik (Anfang März 2001 ließen sie die Buddha-Statuen im zentralafghanischen Bamian zerstören) begann eine neue Etappe der Berichterstattung über Afghanistan. Die Katastrophe von New York und Washington könnte zu einem Glücksfall für Afghanistan werden - sofern die internationale Gemeinschaft nicht nur die partikularen Interessen bestimmter Mächte, sondern auch die der Afghanen berücksichtigt und dies zu einer nachhaltigen Friedens- und Stabilitätspolitik führt. Dazu bedarf es eines finanziellen Engagements und eines langen Atems. Mit Bomben und Raketen ist das Problemfeld Afghanistan nicht in den Griff zu bekommen, im Gegenteil: Die ohnehin prekäre Situation verschlechtert sich weiter.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Koloniale Nachwehen: Der Kampf um Kaschmir

von Amadeus Marzai

Ein brutaler Terroranschlag riss am Nachmittag des 22. April das idyllische Baisaran-Gebirgstal im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs aus seiner Ruhe. Es war der Beginn einer rapiden Eskalation im seit jeher angespannten indisch-pakistanischen Verhältnis und könnte sogar zum Ausgangspunkt eines größeren Krieges zwischen den beiden Nuklearmächten werden.

Südkorea: Vom Putschversuch zur Richtungswahl

von Fabian Kretschmer

Es ist mehr als nur ein Klischee, dass die südkoreanische Demokratie zu den lebhaftesten in ganz Asien zählt. Seit der Wahlkampf Anfang Mai offiziell eingeläutet wurde, sind die gläsernen Fassaden der Bürotürme in der Hauptstadt Seoul mit riesigen Plakaten der Spitzenkandidaten zugepflastert.

Vom kleinen zum großen Bruder

von Ulrich Menzel

Wenige Tage vor der Winterolympiade 2022 in China reiste Wladimir Putin zu einem Gipfeltreffen mit Staatschef Xi Jingping nach Peking, um Rückendeckung für die geplante Invasion der Ukraine zu bekommen, die er nur drei Wochen später beginnen sollte. Am 4. Februar 2022 verkündeten Putin und Xi in einer gemeinsamen Erklärung die „grenzenlose Freundschaft“ ihrer beiden Länder in der Auseinandersetzung mit dem „absteigenden Westen“.