Ausgabe Oktober 2001

Erst nur Bilder

Wie zuletzt beim Ausbruch des Golfkriegs unterbrachen alle Fernsehsender das normale Programm, nachdem durch drei entführte Passagiermaschinen und deren gezielte Crashs der größte terroristische Anschlag auf die USA und vielleicht weltweit seit Menschengedenken verübt worden war. Die ganze Welt schaltete sich zu, alle sahen dieselben Bilder des Schreckens: die brennenden und dann in sich zusammenstürzenden Türme des World Trade Center und das in Flammen und Rauchwolken gehüllte Pentagon. Man wiederholte sie, vor allem die direkten Aufnahmen des zweiten Crashs, immer wieder und ließ sie außerdem im Hintergrund als Bilderschleife bei Kommentaren und Korrespondentenberichten mitlaufen.

Der Augenblick, der so viel verändern sollte, dauerte auf diese Weise einen Nachmittag und eine Nacht lang, gänzlich ununterbrochen von anderen Sendungen. So wird er sich bislang ungekannter Intensität einbrennen in das Bildergedächtnis der Menschheit - Signum eines geschichtlichen Wendepunktes. Trotzdem hatten die Redaktionen das Problem, die fast unbegrenzte Sendezeit zu füllen. Sie reagierten mit der für solche Situationen eingefahrenen Routine, deren Unzulänglichkeit sich nicht nur in den üblichen Koordinationsproblemen ("Ich kann Sie nicht hören" usw.) äußerte.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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