Ausgabe Oktober 2001

Erst nur Bilder

Wie zuletzt beim Ausbruch des Golfkriegs unterbrachen alle Fernsehsender das normale Programm, nachdem durch drei entführte Passagiermaschinen und deren gezielte Crashs der größte terroristische Anschlag auf die USA und vielleicht weltweit seit Menschengedenken verübt worden war. Die ganze Welt schaltete sich zu, alle sahen dieselben Bilder des Schreckens: die brennenden und dann in sich zusammenstürzenden Türme des World Trade Center und das in Flammen und Rauchwolken gehüllte Pentagon. Man wiederholte sie, vor allem die direkten Aufnahmen des zweiten Crashs, immer wieder und ließ sie außerdem im Hintergrund als Bilderschleife bei Kommentaren und Korrespondentenberichten mitlaufen.

Der Augenblick, der so viel verändern sollte, dauerte auf diese Weise einen Nachmittag und eine Nacht lang, gänzlich ununterbrochen von anderen Sendungen. So wird er sich bislang ungekannter Intensität einbrennen in das Bildergedächtnis der Menschheit - Signum eines geschichtlichen Wendepunktes. Trotzdem hatten die Redaktionen das Problem, die fast unbegrenzte Sendezeit zu füllen. Sie reagierten mit der für solche Situationen eingefahrenen Routine, deren Unzulänglichkeit sich nicht nur in den üblichen Koordinationsproblemen ("Ich kann Sie nicht hören" usw.) äußerte.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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