Ausgabe August 2002

Linksruck in Tschechien?

Es war zweifellos der umstrittene "Oppositionsvertrag", der das politische Geschehen in der Tschechischen Republik während der letzten vier Jahre und damit auch den Ausgang der Parlamentswahlen dieses Sommers weitgehend geprägt hat, wiewohl er sich auf verschiedenen Ebenen des politischen Lebens sehr unterschiedlich auswirkte. Diese Vielschichtigkeit, ja Widersprüchlichkeit seiner Wirkung erzeugte paradoxerweise eine Art Synergieeffekt, der letztlich zum Wahlsieg der Sozialdemokraten im vergangenen Juni wesentlich beitrug. Es empfiehlt sich daher, diese Mechanismen näher zu beleuchten, zumal daraus vorsichtige Schlüsse auf die weitere Entwicklung der tschechischen Gesellschaft in den nächsten Jahren und ihren Weg in die EU zu ziehen sind. Nach knappem Sieg über die Demokratische Bürgerpartei (ODS) des Václav Klaus hatte die von Milos Zeman geführte Sozialdemokratie 1998 einen Koalitionspartner suchen müssen.

Dies war, weil die ODS ihren Wahlkampf vor allem gegen die von der Sozialdemokratie ausgehende "Sozialismusgefahr" geführt hatte, keine einfache Aufgabe.

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