Ausgabe Januar 2002

Kollege Hipster unter Leidensdruck

Gewerkschaften in neuen Unternehmenskulturen

Der Internetbuchhandel Amazon.com ist ein Vorreiter der digitalen Ökonomie. Als "E-Commerce" in Deutschland noch ein Fremdwort war, hatte sich der Online-Versand aus Seattle im US-Bundesstaat Washington längst als internationaler Marktführer etabliert. Mit dem Ende des Börsenbooms wurde Amazon erneut zum Pionier, allerdings auf eher unfreiwillige Weise: Angestellte des Unternehmens kämpften für eine eigene Interessenvertretung - und brachen damit ein Tabu. Denn die IT-Branche gilt, zumindest in den Vereinigten Staaten, als ein Ort, an dem Gewerkschafter nichts zu suchen haben. Seine Mitarbeiter, so hatte Amazon-Gründer Jeff Bezos stets argumentiert, seien durch ihre Aktienoptionen zugleich Unternehmenseigentümer. Die klassischen Konflikte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnten deshalb gar nicht erst entstehen.

Doch als die Kursnotierung von Amazon wie die anderer Firmen des Neuen Marktes absackte, kam Unmut auf. Über 80% ihres einstigen Wertes hatten die Papiere innerhalb eines Jahres verloren. Lager- wie Sachbearbeiter beschlich das Gefühl, ein Vermögen verspielt zu haben. Zugleich verschärfte sich wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage der Arbeitsdruck im Betrieb. An die Stelle von frei wählbaren Arbeitszeiten traten zum Beispiel rigide Vorgaben - ohne dass sich an den mageren Stundenlöhnen etwas änderte. "Amazon.

Sie haben etwa 6% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 94% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.