"So ist die FDP unwählbar", tönt es derzeit allüberall aus dem liberalen Blätterwald. Vom Berliner "Tagesspiegel" bis zur Hamburger "Zeit" offenbaren sich gutmeinende liberale Medienmacher, "warum ich die Möllemann-FDP nicht mehr wählen kann" (Robert Leicht). Einstimmig der Aufschrei der Empörung gegen den "Aufstand der Unanständigen" (Gunter Hofmann). Die Jusos setzen noch Einen drauf und fordern die verbindliche Absage einer Koalition mit den Blau-Gelben. Kurzum, die Gretchenfrage der Berliner Republik anno 2002 lautet: Wie hältst du's mit der FDP? Man mag es als beruhigend ansehen, dass die medialen Seismographen die Anzeichen eines aufkeimenden Antisemitismus als drohendes "tektonisches Beben" ("Die Zeit") in der Parteienlandschaft festhalten. Aber abgesehen davon, dass bereits vor den letzten Ausfällen des Jürgen W. gute Gründe dafür sprachen, die Möllemann-FDP nicht mehr zu wählen, abgesehen auch davon, dass diejenigen Wählerschichten, die der Schnauzbärtige neuerdings zu erreichen gedenkt, sich von der "Bannbulle" eines Robert Leicht schwerlich werden beeindrucken lassen: Diese Form der aufgeregten medialen Ächtung geht am Problem des europaweit aufkommenden Rechtspopulismus vorbei.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.