Bei Fragen, die das Gewissen betreffen, fällt es vielfach nicht leicht, abweichende Positionen zu tolerieren. Dies zeigt sich aktuell in der Debatte um die Embryonen verbrauchende Stammzellforschung. Aus Sicht der Kritiker verlangen die Befürworter nicht weniger, als eine Tötung vollwertiger Menschen für wissenschaftliche Zwecke zu genehmigen. Demgegenüber sehen die Befürworter in der Haltung der Gegner eine erbarmungslose Verweigerung von Heilungschancen. Für beide ist die jeweils andere Position eine Zumutung. Doch diese Zumutung gilt es auszuhalten. Die Gegner der Stammzellforschung argumentieren, dass jedes humane Leben von Anfang an im vollen Umfang zu schützen sei. Genau so, wie jedem geborenen Menschen ein unbedingtes Lebensrecht zukommt, egal ob jung oder alt, gesund oder krank, gemeinnützig oder gemeingefährlich, muss ihres Erachtens auch jedem ungeborenen Menschen bis hin zum frühen Embryo der volle Schutz zugestanden werden. Diese Argumentation appelliert an die Idee einer grundlegenden und gleichen Daseinsberechtigung aller Menschen, die eine lange geistesgeschichtliche Tradition hat. Sie kommt im Rahmen jüdisch-christlicher Anschauungen im Gedanken von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen zum Ausdruck. In säkularen Kontexten zeigt sie sich in der Ansicht von dem Selbstzweckcharakter eines jeden Menschen.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.