Ausgabe November 2002

Schlafende Tiger

Als im September auf einer thailändischen Militärbasis Gespräche zwischen der Regierung Sri Lankas und den Liberation Tigers of Tomil Eelum (LTTE) stattfanden, war es bereits der fünfte Versuch zur Beendigung eines Krieges, der mehr als 70 000 Menschen das Leben gekostet, eine Million Menschen vertrieben, eine weitere Million zur Flucht ins Ausland veranlasst sowie den Norden und Osten des Landes weit gehend verwüstet hat. Doch diesmal konnten die Verhandlungspartner auf besseren Ausgangsbedingungen aufbauen. So gibt es seit Ende Februar einen offiziellen Waffenstillstand, den die Sri Lanka Monitoring Mission unter Beteiligung skandinavischer Militärs überwacht. Wirtschaftsembargos wurden aufgehoben, der Warenverkehr floss wieder. Eine Welle von Touristen, Pilgern und rückkehrwilligen Vertriebenen strömte in die ehemaligen Kriegsgebiete.

Auch die Internationalisierung des Konflikts durch die Vermittlerrolle Norwegens und die Anerkennung der LTTE als einzige authentische Vertretung der Tamilen wirkten sich positiv aus. In den Jahren zuvor waren die Tamil Tigers wegen ihrer Attentate auf zivile Ziele noch als "terroristische Organisation" geächtet worden. Beide Seiten einigten sich auf ein pragmatisches Vorgehen.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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